Promillegrenze auf dem Fahrrad: Die wichtigsten Fragen zur Trunkenheitsfahrt mit dem Rad
Wer kennt es nicht? Man verbringt einen schönen Abend und trinkt das ein oder andere Glas Bier. Eigentlich fühlt man sich noch ganz fit und entscheidet sich dazu, die Heimfahrt mit dem Fahrrad anzutreten. Ausgerechnet dann wird man von der Polizei angehalten, weil diese eine Alkoholisierung unterstellt. Kaum zu Hause schaut man in die gängigen Suchmaschinen und findet sich in einer unendlichen Informationsschleife wieder.
Dieser Blogeintrag beantwortet die wichtigsten Fragen zur Trunkenheitsfahrt auf dem Fahrrad und zur Promillegrenze auf dem Fahrrad.
Inhalt dieser Seite:
Ab welcher Promillegrenze auf dem Fahrrad drohen rechtliche Konsequenzen?
Promillegrenze auf dem Fahrrad: Das passiert bei 0,3 Promille
Promillegrenze auf dem Fahrrad: Das passiert bei 1,6 Promille
Definitionen zur Promillegrenze auf dem Rad
Promillegrenze auf dem Fahrrad und Führerscheinentzug: Was passiert, wenn ich betrunken auf dem Rad erwischt werden?
Promillegrenze auf dem Fahrrad und Probezeit: Was passiert bei einer Trunkenheitsfahrt in der Probezeit?
Gilt die „Fahrrad-Promillegrenze“ auch beim E-Bike und E-Scooter?
Exkurs zu Promillegrenze Fahrrad: Zu zweit auf dem E-Scooter, LG Oldenburg, Beschluss vom 07.11.2022 - 4 Qs 368/22
Die wichtigsten Fragen, wenn ich betrunken auf dem Fahrrad erwischt werde
Ab welcher Promillegrenze auf dem Fahrrad drohen rechtliche Konsequenzen?
„Das kommt darauf an!“ wird der Jurist sagen. Die Grenzen, die sie unter Umständen für das Führen eines Kfz kennen, gelten hier nämlich nicht entsprechend. Im Folgenden erfahren Sie, was beim Vorwurf einer Fahrradfahrt unter Alkoholeinfluss zu beachten ist:
§ 316 StGB Trunkenheit im Straßenverkehr
„ Wer im Verkehr (§§ 315 bis 315e) ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen {…}“
Wer alkoholisiert auf dem Fahrrad von der Polizei angehalten wird, dem kann der Vorwurf der Trunkenheit im Verkehr drohen. § 316 StGB ist ein sogenanntes abstraktes Gefährdungsdelikt. Das bedeutet, das Verhalten muss zu keinem Unfall oder konkreten Schaden geführt haben. Die Norm stellt bereits die generelle Gefährdung der geschützten Rechtsgüter (hier Sicherheit des Verkehrs, Leib, Leben und Eigentum) unter Strafe.
Promillegrenze auf dem Fahrrad: Das passiert bei 0,3 Promille
In Deutschland ist das Fahren mit einem Blutalkoholgehalt von 0,3 Promille bis 1,1 Promille auf dem Fahrrad nicht grundsätzlich verboten, doch es bringt spezifische rechtliche Risiken mit sich. Radfahrer, die 0,3 Promille oder mehr im Blut haben und dabei alkoholbedingte Fahrauffälligkeiten im Verkehr zeigen oder einen Unfall verursachen, können wegen ihrer sogenannten relativen Fahruntüchtigkeit strafrechtlich belangt werden können. Es können Geldstrafen und Punkte in Flensburg und, in gravierenden Fällen, ein Fahrverbot drohen.
Promillegrenze auf dem Fahrrad: Das passiert bei 1,6 Promille
In Deutschland hat der Gesetzgeber eine „absolute“ Grenze für Radfahrer bei einem Blutalkoholgehalt von 1,6 Promille festgelegt. Erreicht oder überschreitet ein Fahrradfahrer diesen Wert, liegt absolute Fahruntüchtigkeit vor. Eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU), oft als "Idiotentest" bezeichnet, wird verhängt. Mit dieser Prüfung soll festgestellt werden, ob der Radfahrer ein Alkoholproblem hat und noch am Straßenverkehr teilnehmen kann.
Bei einer MPU wegen Alkohol am Lenker sind neben den hohen Kosten auch die Folgen für die Fahrberechtigung erheblich. Fällt der Radfahrer bei dieser Prüfung durch, kann ihm die Fahrerlaubnis entzogen werden, selbst wenn es sich "nur" um das alkoholisierte Fahrradfahren handelt. Auch ohne Fahrerlaubnis kann erstaunlicher Weise eine MPU verhängt werden. Überraschend dürfte auch sein, dass sogar versucht werden kann ein Fahrverbot für das Fahrrad zu verhängen. Außerdem können wegen Alkohol im Straßenverkehr eine Geldstrafe und im Falle eines Unfalls Schadensersatzforderungen drohen.
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Thomas Erven Ihr Fachanwalt für Verkehrsrecht
Definitionen, um die Promillegrenze auf dem Rad zu verstehen
1. Definition Promillegrenze: das bedeutet „Führen eines Fahrzeuges“
Ein Fahrzeug ist ein Beförderungsmittel im öffentlichen Verkehr ohne Rücksicht auf die jeweilige Antriebsart. Hierzu zählt neben dem Kfz auch das Fahrrad.
Geführt wird das Fahrzeug von demjenigen, der es in Bewegung setzt oder hält und die Verkehrsvorgänge bewältigt, die mit seinem Betrieb zusammenhängen. Das Schieben eines Fahrrades unter Alkoholeinfluss kann noch nicht als „Führen“ gewertet werden und ist deswegen straflos ist.
2. Definition Promillegrenze: das bedeutet „im Verkehr“
Das Verhalten muss sich im öffentlichen Verkehrsraum abspielen. Darunter fallen auch Supermarktgelände oder Tankstellen während der Öffnungszeiten. Entscheidend ist, ob der Verkehrsraum der Allgemeinheit zugänglich ist, wobei diese durch eine Schranke ausgeschlossen sein kann. Hier ergeben sich oft Abgrenzungsprobleme, die je nach Fall zu Strafbarkeit oder Straflosigkeit führen können.
3. Definition Promillegrenze: das bedeutet „Fahruntüchtigkeit“
Es wird zwischen der relativen und absoluten Fahruntüchtigkeit unterschieden. Die relative Fahruntüchtigkeit wird ab einem Blutalkoholwert von 0,3 Promille angenommen, wenn zusätzlich alkoholbedingte Ausfallerscheinungen hinzutreten: Schlangenlinien, rote Ampel überfahren, schwankender Gang bei der Kontrolle durch die Polizei und andere.
Werden andere Verkehrsteilnehmer gefährdet oder anderer Sachen beschädigt, steigt nach § 315 c StGB das Strafmaß noch weiter an.
Ab einem Blutalkoholwert von 1,6 Promille liegt die absolute Fahruntüchtigkeit vor: Es kommt dann nicht mehr auf alkoholbedingte Ausfallerscheinungen an, sondern allein der Promillewert führt schon zur Fahruntüchtigkeit.
Es drohen neben der Geldstrafe (§§ 315c, 316 StGB) auch zwei Punkte im Register in Flensburg, eine Geldstrafe in Höhe eines Monatsnettogehaltes und die Anordnung zu einer medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU). Und damit nicht genug - dieses Verhalten kann sich auch auf Ihren Führerschein auswirken, hierzu sogleich mehr (vgl. § 69 StGB Entziehung der Fahrerlaubnis).
Andere berauschende Mittel sind beispielsweise Drogen oder Medikamente. Hier gibt es keine entsprechenden Wertgrenzen zur Feststellung der Fahruntüchtigkeit. Die Fahruntüchtigkeit muss von der Ermittlungsbehörde erst noch festgestellt und nachgewiesen werden.
Definition Promillegrenze: Ist die Trunkenheitsfahrt eine Ordnungswidrigkeit?
Gemäß § 24a OWiG wird ab einem BAK von 0,5 Promille eine Ordnungswidrigkeit angenommen. Da die Norm aber ausdrücklich nur auf Kraftfahrzeuge verweist, sind Fahrradfahrer hiervon bereits dem Wortlaut nach ausgenommen.
Promillegrenze auf dem Fahrrad und Führerscheinentzug: Was passiert, wenn ich betrunken auf dem Rad erwischt werden?
Im Rahmen des Strafverfahrens müssen Sie nicht mit einem Fahrverbot oder einer Fahrerlaubnisentziehung rechnen. Ab 1,6 Promille wird jedoch die Fahrerlaubnisbehörde informiert und ordnet eine MPU an. Fällt die MPU negativ aus, wird Ihnen die Fahrerlaubnis entzogen. Rechtsgrundlage hierfür ist § 13 S. 1 Nr. 2 c Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV).
Die Fahrerlaubnisbehörde kann unter bestimmten Umständen auch ein Radfahrverbot auszusprechen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass jemand zum Führen eines Fahrzeuges, also auch eines Fahrrades, ungeeignet ist, vgl. § 3 Abs. 1 und 2 FeV. Das kann etwa der Fall sein, wenn man wiederholt alkoholisiert auf dem Fahrrad erwischt wird.
Das ist zum Teil behördliche Verbotspraxis. Das VGH München hat sich allerdings mit Urteil vom 17.04.2023 - 11 BV 22.1234 gegen diese Praxis ausgesprochen. Der VGH hat ein solches an den Kläger gerichtetes Verbot unter dem Hinweis aufgehoben, dass die Regelung des § 3 Abs. 1 S. 1 FeV „weder für sich allein noch im Zusammenhang mit anderen Vorschriften erkennen lassen, wann eine Person zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge ungeeignet sei und wie man dies feststellen müsse.“ Eine Übertragung der Maßstäbe, die für das Führen von Kfz gelte, sei hier wegen des unterschiedlichen Gefahrenpotenzials nicht ohne Weiteres auf Fahrräder übertragbar. Das Fehlen rechtlicher Maßstäbe sei überdies geeignet, zu unverhältnismäßigen Verboten zu führen. Das geltende Recht biete also keine Grundlage für ein Fahrverbot für Fahrradfahrer. Es bleibt daher abzuwarten, was sich in diesem Zusammenhang noch für Entwicklungen ergeben.
Promillegrenze auf dem Fahrrad und Probezeit: Was passiert bei einer Trunkenheitsfahrt in der Probezeit?
Gemäß § 24c StVG handelt ordnungswidrig, wer in der Probezeit als Führer eines Kraftfahrzeuges alkoholische Getränke zu sich nimmt. Diese Vorschrift gilt ausschließlich für Kraftfahrzeugfahrer und kann nicht auf Radfahrer angewendet werden. Nichtsdestotrotz wird die Fahrerlaubnisbehörde ab einem Promillewert von 1,6 die voranstehenden Maßnahmen ergreifen und kann auch eine Verlängerung der Probezeit anordnen.
Gilt die „Fahrrad-Promillegrenze“ auch beim E-Bike und E-Scooter?
E-Bikes (Pedelecs) sind Fahrräder mit elektrischer Tretunterstützung bis 25 km/h und fallen nicht unter den Kraftfahrzeugbegriff. Sie werden daher wie Fahrräder behandelt.
Seit dem 15.06.2019 gilt die Verordnung über die Teilnahme von Elektrokleinstfahrzeugen am Straßenverkehr (eKFV). E- Scooter fallen danach als sog. Elektrokleinstfahrzeuge mit elektrischem Antrieb und einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit (nicht weniger als 6 km/h, nicht mehr als 20 km/h) unter den Kraftfahrzeugbegriff. Gleiches gilt für E-Bikes, die vollständig durch einen elektrischen Motor angetrieben werden oder Pedelecs, mit elektrischer Tretunterstützung bis 45 km/h. Demgemäß gelten hier die niedrigeren Promillegrenzen, die auf Kraftfahrzeugfahrer Anwendung finden. Mehr dazu in unserem Blogartikel über E-Scooter - Alkohol und Promillegrenzen.
Exkurs zu Promillegrenze Fahrrad: Zu zweit auf dem E-Scooter, LG Oldenburg, Beschluss vom 07.11.2022 - 4 Qs 368/22
Das Landgericht Oldenburg hatte im Jahr 2022 in einer Beschwerde gegen den Beschluss des örtlichen Amtsgerichts zu entscheiden. Dem Beschuldigten wurde die Fahrerlaubnis entzogen, nachdem er gemeinsam mit einer weiteren Person auf einem E-Scooteralkoholisiert von der Polizei angehalten wurde. Der Beschuldigte „Hintermann“ auf dem E-Scooter hat nach Auffassung des Landgerichtes ein Fahrzeug im Sinne des § 316 StGB geführt, indem er sich alkoholisiert „am Lenker festhielt“. In den Entscheidungsgründen heißt es weiter „Führer eines Fahrzeuges sei nicht nur derjenige, der alle für die Fortbewegung des Fahrzeugs erforderlichen technischen Funktionen ausübe, sondern auch, wer nur einzelne dieser Tätigkeiten vornehme, jedenfalls solange es sich dabei um solche handele, ohne die eine zielgerichtete Fortbewegung des Fahrzeugs im Verkehr unmöglich wäre wie etwa das bremsen oder Lenken.“
Die wichtigsten Fragen, wenn ich betrunken auf dem Fahrrad erwischt werde
Wenn Sie betrunken auf dem Fahrrad erwischt werden, gibt es einige wichtige Fragen, die sich auf die rechtlichen Konsequenzen und auf die zu ergreifenden Maßnahmen beziehen.
Frage 1: Muss ich einem Atemalkoholtest oder einer Blutentnahme zustimmen?
Wollen die Beamten vor Ort einen Atemalkoholtest vornehmen, können Sie diesen verweigern. Das „Pusten“ ist freiwillig.
Besteht ein begründeter Verdacht, dass Sie Alkohol oder andere Subtanzen konsumiert haben, kann die Polizei aber eine Blutentnahme veranlassen. Hierfür bedarf es im Falle der Trunkenheitsfahrt keiner richterlichen Anordnung mehr. Gemäß dem § 81 a StPO bedarf es keiner richterlichen Anordnung, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Straftat nach § 315a Absatz 1 Nummer 1, Absatz 2 und 3, § 315c Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a, Absatz 2 und 3 oder § 316 StGB des Strafgesetzbuchs begangen worden ist.
Die Abgabe der Blutentnahme wir notfalls mit Zwang durchgesetzt und sollte deshalb nicht verweigert werden.
Frage 2: Äußerungsbogen als Beschuldigter - wann muss ich zum Anwalt?
Dem Beschuldigten ist zu raten, nicht auf den Äußerungsbogen der Polizei zu antworten.
Schalten Sie einen versierten Anwalt ein.
Als Verteidiger übernehmen wir alles. Wir fordern Einsicht in die polizeiliche Ermittlungsakte, um abgestimmt auf den Akteninhalt eine Verteidigungsstrategie zu erarbeiten. Wir teilen der Polizei mit, dass derzeit geschwiegen wird bis die Ermittlungsakte da ist.
Dann werden wir aktiv. Mit der Staatsanwaltschaft wird die Verteidigung dann über einen Strafbefehl („schriftliches Urteil“) reden. Wir werden versuchen dem Mandanten eine Gerichtsverhandlung zu ersparen.
Zudem wollen wir durch entsprechende Argumentation eine Geldstrafe am untersten möglichen Rand aushandeln oder im besten Fall eine straflose Einstellung erreichen.
Der Führerschein ist dann nicht mehr in Gefahr und es kann sorglos weitergefahren werden.
Frage 3: Zahlt meine Rechtsschutzversicherung?
Der Vorwurf der Trunkenheitsfahrt ist von den Versicherungsbedingungen einer Verkehrsrechtschutzversicherung gedeckt. Das heißt, die Versicherung übernimmt die Kosten, die Ihnen im Verteidigungsfall entstehen und behält sich lediglich im Falle einer Vorsatzverurteilung einen Rückgriff (Regress) vor. Dies kann fast immer vermieden werden.
Fazit und Zusammenfassung Promillegrenze auf dem Rad
Die Regelungen zur Promillegrenze auf dem Fahrrad führen zu erheblichen Konsequenzen, wenn man als Radfahrer mit Alkohol im Blut erwischt wird. Die Notwendigkeit eines Anwalts wird besonders klar, wenn man die potenziellen rechtlichen Folgen betrachtet, die von Geldstrafen oder Punkten im Fahreignungsregister über die Anordnung einer MPU bis zum Radfahrverbot reichen können. Ein Anwalt kann Sie verteidigen und das Maximum für den Mandanten rausholen. In einer solchen Situation ist juristischer Beistand nicht nur ratsam, sondern oft unerlässlich.
Sollten Sie Fragen zu diesem Thema haben oder verkehrsrechtlichen Rat benötigen, stehen wir Ihnen unter 0221 301 403 44 telefonisch zur Verfügung oder Sie können uns eine E-Mail an erven@kanzlei-erven.de senden.
Mit freundlichen Grüßen,
Thomas Erven, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht in Köln
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