Fahren ohne Fahrerlaubnis vorgeworfen? Tipps vom Anwalt
Wird Ihnen ein Fahren ohne Fahrerlaubnis vorgeworfen? Ein typischer Fall: Sie wurden von der Polizei angehalten, da Sie zu schnell gefahren sein sollen. Dabei fiel auf, dass Sie derzeit keine gültige Fahrerlaubnis haben, da ein Fahrverbot oder ein Entzug der Fahrerlaubnis wegen anderer Vergehen besteht. Nun bekommen Sie unangenehme Post von der Polizei, worin Ihnen ein
"Fahren ohne Fahrerlaubnis“ (§ 21 StVG) vorgeworfen wird. Da das Fahrzeug auf eine andere Person läuft, bekommt diese ebenfalls einen Äußerungsbogen als Beschuldigter mit dem Vorwurf des "Zulassen des Fahren ohne Fahrerlaubnis". Was bedeuten diese Vorwürfe? Was ist zu tun?
Fahren ohne Fahrerlaubnis
Wer ein Fahrzeug lenkt ohne eine entsprechende Fahrerlaubnis zu haben, setzt sich dem Vorwurf aus gegen § 21 StVG zu verstoßen: "Fahren ohne Fahrerlaubnis". Kurz gesagt, man soll ein Fahrzeug gefahren haben ohne es (derzeit) zu dürfen.
Hierbei sind zwei Fälle zu entscheiden: einerseits "aktiv" das eigene Fahren eines Kraftfahrzeuges ohne Fahrerlaubnis oder andererseits „passiv“ das Zulassen (Dulden), dass ein anderer ein Fahrzeug ohne Fahrerlaubnis steuert. Die entscheidende Frage ist hier: Wusste oder hätte der Halter wissen müssen, dass jemand ohne Fahrerlaubnis sein Fahrzeug fährt?
Wer kann sich strafbar machen?
Nicht entscheidend ist, wer Eigentümer des Fahrzeugs ist.
Strafbar wegen Fahren ohne Fahrerlaubnis kann sich nur der Halter des Autos machen.
Halter ist, wer das KFZ für eigene Rechnung gebraucht, die Kosten bestreitet und den Nutzen aus den Verwendungen zieht (BGH NJW 83, 1492). Entscheidend ist also, wer die Verfügungsgewalt hat und Anlass, Ziel und Zeit der Fahrt bestimmt. Indizien können auch die Tragung von Fixkosten des Fahrzeugs sein: Sprit, Reparaturen, Steuern und Versicherung.
Halter ist sind demnach regelmäßig auch Unternehmen (bzw. deren Geschäftsführung), die Dienstfahrzeuge zur Verfügung stellen.
Wann wird ein Fahrzeug geführt?
Bei einem Fahren ohne Fahrerlaubnis muss das Auto mit Antriebskraft im öffentlichen Verkehrsraum in Bewegung gesetzt werden.
Ansonsten entfällt zum Beispiel bei einem vorbereitenden Handeln (man hat sich lediglich auf den Fahrersitz gesetzt) eine Strafbarkeit.
Auch auf privatem nicht öffentlich zugänglichem Gelände (private Tiefgarage mit Tor) ist keine Strafbarkeit gegeben.
Wann fehlt es an der erforderlichen Fahrerlaubnis?
- Wer nie einen Führerschein gemacht hat, dem fehlt es selbstverständlich an der notwendigen Fahrerlaubnis um ein Fahrzeug zu führen. Wer dennoch fährt, macht sich wegen Fahren ohne Fahrerlaubnis strafbar.
- Ebenfalls macht sich strafbar, wem die Fahrerlaubnis entzogen wurde (zum Beispiel wegen einer Alkoholfahrt) und dennoch fährt.
- Aber auch wer lediglich ein Fahrverbot abzuleisten hat (zum Beispiel, weil er zu schnell gefahren ist oder eine rote Ampel überfahren hat) macht sich wegen Fahren ohne Fahrerlaubnis strafbar.
- Auch wenn der Führerschein nur vorübergehend amtlich verwahrt, beschlagnahmt oder sichergestellt wurde, darf nicht gefahren werden.
- Wer ein Fahrzeug einer Klasse führt für die er keine Fahrerlaubnis hat, fährt ebenfalls das Fahrzeug ohne Fahrerlaubnis (zum Beispiel LKW oder Motorrad mit PKW-Führerschein geführt). Die zugelassene Klasse findet man auf der Rückseite des Führerscheins (Karte).
- Wer eine Fahrzeugkombination (zum Beispiel Anhängen eines Anhängers) führt für die er keine Fahrerlaubnis, kann sich ebenfalls strafbar machen.
- Eine Strafbarkeit kann sich auch beim "frisierten Mofa" ergeben, wenn die bauartbestimmte Höchstgeschwindigkeit durch Eingriffe in die konstruktive Beschaffenheit des Mofas dauerhaft und wesentlich (20 %) überschritten wird.
- Inhaber einer gültigen EU-Fahrerlaubnis (ab 19.01.2009 ausgestellt) mit ordentlichem Wohnsitz in Deutschland dürfen grundsätzlich im Umfang der Berechtigung Kraftfahrzeuge führen und machen sich nicht wegen Fahren ohne Fahrerlaubnis strafbar.
- Eine Umschreibung einer EU-Fahrerlaubnis in eine deutsche Fahrerlaubnis ist nicht erforderlich.
- Anderes gilt für eine ausländische Nicht-EU-Erlaubnis: Ohne Umschreibung verliert diese sechs Monate nach Begründung des ordentlichen Wohnsitzes in Deutschland seine Wirksamkeit. Wer dann weiter fährt, macht sich wegen Fahren ohne Fahrerlaubnis strafbar.
- Wer mehr Personen als zugelassen transportiert, macht sich nicht nach § 21 StVG strafbar.
- Auch löst die Nichtbeachtung einer Auflage, wie das Tragen einer Brille, keine Strafe wegen Fahren ohne Fahrerlaubnis aus. Es handelt sich lediglich um eine Ordnungswidrigkeit mit einem Verwarnungsgeld von 25 €.
- Ein Fahren ohne Führerschein ist nicht strafbar. Das Fahren ohne Führerschein (lediglich ohne die amtliche Urkunde gefahren, die die Fahrerlaubnis verkörpert) ist nicht mit dem Fahren ohne Fahrerlaubnis gleich zu setzen. Wer lediglich seinen Führerschein nicht bei sich führt, weil dieser verloren oder vergessen wurde bekommt lediglich ein Verwarnungsgeld (10 €).
Was ist beim Verleihen eines Autos zu beachten?
Leiht man jemand anderem sein Auto, so ist man verpflichtet die Fahrerlaubnis des anderen zu kontrollieren! Die Rechtsprechung ist in diesem Bereich streng!
Andernfalls droht -falls der Entleiher keine Fahrerlaubnis hat (zum Beispiel wegen Fahrverbot oder Entziehung der Fahrerlaubnis)- die Gefahr sich wegen des Zulassen des Fahren ohne Fahrerlaubnis strafbar zu machen, § 21 Abs. 2 StVG.
Im Einzelnen:
- Der Verleiher sollte sich beim ersten Verleihen des Fahrzeugs den Führerschein im Original vorzeigen lassen.
- Eine Kopie oder fremdsprachliche Bescheinigung ist nicht ausreichend.
- Die bloße Zusicherung des Entleihers ein Führerschein sei vorhanden reicht nicht aus!
- Es ist zu prüfen, ob im Führerschein die Zulassung für die Klasse des zu verleihenden Fahrzeugs (zum Beispiel PKW mit Anhänger, LKW oder Motorrad) besteht.
- Auch bei der Probefahrt beim Verkauf eines Fahrzeugs sollte man sich den Führerschein des potentiellen Käufers zeigen lassen!
- Was jedoch, wenn der längerfristige Entleiher eines Fahrzeugs später während der Leihe, seine Fahrerlaubnis verliert? Grundsätzlich darf vom Fortbestehen der Gültigkeit einer Fahrerlaubnis, die man einmal geprüft hat, ausgegangen werden. Der Führerschein muss also nicht vor jeder neuen Fahrt erneut geprüft werden.
- Anders verhält es sich nur, wenn konkrete Hinweise Grund zum Zweifel an der Fahrerlaubnis des Entleihers geben (zum Beispiel Alkohol-, Drogen- oder Medikamtenmißbrauch, wiederholte Fahrverbote in der Vergangenheit). In diesem Fall ist eine höhere "Kontrolldichte" gefordert: der Führerschein muss also öfter kontrolliert werden!
- Der Zugang zu den Zündschlüsseln muss nicht allgemein allen Personen ohne Fahrerlaubnis verhindert werden.
- Bestehen aber in der Person eines Dritten (zum Beispiel Familienangehörigen) konkrete Umstände, die eine Benutzung des Fahrzeugs ohne Erlaubnis befürchten lassen sind, sind die Zündschlüssel besonders zu sichern!
- "Schwarzfahrten" durch versehentliches Steckenlassen des Zündschlüssels im Fahrzeug können eine Strafbarkeit wegen des Zulassen des Fahren ohne Fahrerlaubnis auslösen.
- Gewerbliche Vermieter müssen in der Regel vor jeder Fahrzeugübergabe die Fahrerlaubnis prüfen.
- Bei Firmen, die Dienstwagen unterhalten, sollten grundsätzlich zwei Kontrollen des Führerscheins des Arbeitnehmers pro Jahr durchgeführt und anschließend schriftlich dokumentiert werden.
Welche Strafe droht beim (Zulassen des) Fahren ohne Fahrerlaubnis?
Nach § 21 StVG ist beim (Zulassen des ) Fahren ohne Fahrerlaubnis eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder Geldstrafe möglich. Als Strafe wird meist jedoch zur Zahlung einer Geldstrafe verurteilt. In Wiederholungsfällen kann auch eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr verhängt werden. Außerdem ist es möglich ein eine Sperre für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis zwischen 6 Monaten und 5 Jahren oder ein Fahrverbot von 1 bis 3 Monaten auszusprechen. In schwerwiegende Fällen kann das Fahrzeug eingezogen werden. Bei Entziehung der Fahrerlaubnis oder isolierter Sperre drohen 3 Punkte in Flensburg; ansonsten 2 Punkte.
Was sollten Sie beim Vorwurf des Fahren ohne Fahrerlaubnis tun?
Nehmen Sie unmittelbar Kontakt zu einem Fachanwalt für Verkehrsrecht auf. Dieser wird zunächst Akteneinsicht nehmen und die Beweislage prüfen. Danach kann dieser sich für Sie äußern. Oftmals ist eine Einstellung gegen Geldauflage möglich und eine Gerichtsverhandlung kann verhindert werden.
Thomas Erven, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht in Köln
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